Freitag, 4. Juni 2010

MONSTERS OF ROCK (07.09.1991)


Was für ein ehrwürdiger Name! Monsters of Rock !!! Und obwohl die Konzerte aus irgendwelchen Gründen damals in Europa nicht unter diesem Namen liefen, war jedem Metal-Head klar, daß es sich hier um den Ableger des Klassikers aus Donnington handelte.
Doch wie immer muss ich für meine Geschichte etwas weiter ausholen.
Am 04.09.1991 sollte sich die Welt, in der ich bis zu diesem Zeitpunkt gelebt hatte, grundlegend ändern. Ich bestand meine Führerschein-Prüfung, und zwar auf Anhieb. Die Tatsache, daß es beim ersten Mal schon klappte ist deshalb erwähneswert, weil ich der einzig Auserwählte meiner Sippschaft war, dem dies so gelang. Meine beiden Brüder und die graue Eminenz (mein Vater) waren bei ihren jeweiligen Prüfungen nervlich nicht annähernd so cool wie euer Erzähler, der den Lappen in bester Ernst-Eiswürfel-Manier beim ersten Versuch durchzog, wie ne Jungfrau über die Opferbank.
Sicherlich hatte sogar ich in den ersten Tagen nach der Prüfung so meine Probleme, mich auf den alten Ford Escort einzugewöhnen, den mir mein Bruder freundlicherweise überlassen hatte. Doch egal, wieviele Rot-Phasen ich vor Wut und Scham in mich hinein heulend an Deutschlands Ampeln verbrachte und vergebens versuchte, die Karre wieder zum Laufen zu bringen, ich hatte mit meinem Führerschein das Tor zur Freiheit weit aufgestossen.
Meine erste wirkliche Amtshandlung in der großen Welt stand schon 2 Tage später auf dem Programm. In dieser Zeit gaben sich im Durmersheimer Musikclub "Lamm" jedes Wochenende die absoluten Größen des Death-Metal die Klinke in die Hand. Und an diesem ominösen Freitag
gab es auch wieder ein Line-Up vom Allerfeinsten! Morgoth, Immolation und meine zu Menschen gewordenen Gott-Helden MASSACRE!
Also war glasklar, daß ich mich und meinen schnittigen 45-PS Escort nach Durmersheim bewegen würde. Dies stellte sich zwar als nicht ganz so einfach heraus, wie ich dachte (denn selbst bei einem Kerzen-geradenen Anfahrtsweg ohne Abbiegungen soll sich schon der ein oder andere verfahren haben), aber letzten Endes kam ich gut dort an. Vorm Lamm lungerten schon einige hundert halbtote Death-Metaller herum und ich war das erste Mal wirklich glücklich darüber, daß ich all den Bestechungsversuchen meiner Eltern getrotzt hatte und mir in den letzten Jahren die Haare wachsen liess. Somit passte ich mit schwarzen Shirt, zerrissenen Jeans und abgefuckten Reeboks ganz gut ins Klischee des typischen Florida-Death-Metal-Lunatics!
Doch wie der Titel ja schon sagt, will ich euch vom MOR erzählen, als werde ich mich etwas kürzer fassen.
Der erste Ohrenschmaus, den ich in Freiheit geniessen durfte, war Immolation's gandenlos guter und hyperschneller Death-Metal straight from New York. Schon bei der Band begann ich, wie die ausflippende Meute um mich herum auch, mein Haupthaar Helikopter-mäßig durch die Gegend zu wirbeln. Den anfänglichen Brechreiz und die Schwindel-Anfälle hatte ich schnell unterdrückt und mein Genick folgte nur noch dem teuflisch schnellen Beat. Klasse Show, diese Erste!
Dann kamen die mächtigen, ja schon epischen MASSACRE. Die Mannen um Growler Kam Lee heizten mit all ihren Hits (soviele gab es ja nicht, haben ja nur ein wirkliche Platte gemacht, aber die ist kultigster Kult) dermaßen ein, daß sich der Verfasser dieser Zeilen komplett vergaß und sich und ca. 4 Millionen Gehirnzellen ins Nirvana schoss. Die ehemaligen DEATH Jungs Rikk Rozz, Bill Andrews und der hühnenhafte Terry Butler allein wären des Eintrittsgeld schon wert gewesen, aber Kam Lee riss es nochmal heraus und kläffte wie tollwütiger Schäferhund Hits wie "Biohazard", den Titelsong "From beyond" oder dem Semi-Death Klassiker "Corpsegrinder" heraus. Es war grandios und ich bin heute riesig stolz darauf, diese geile Kultband (sogar zweimal) gesehen zu haben. Weltengeil!
Doch nach dieser Demonstration von perfektem Death-Metal wurde mir schnell klar, daß ich es doch etwas übertrieben hatte. Nicht nur, daß ich fast alles doppelt sah, auch zog sich mein Nacken-Gewebe derber zusammen als der Schliesmuskel eines tibetanischen Bergelefanten.
Will heißen: ich war halsmäßig so gut wie gelähmt. Natürlich lehnte ich total lässig an eine Wand und konnte, während Morgoth schon am Rocken war, dem Rest der Leute weiß machen, daß ich ich lediglich etwas erschöpft war. Doch innerlich schrie ich lauter als Eric Adams, als dieser seinen ersten Nierenstein durch die Nille schoss.
Das Konzert war vorbei und es wartet die in mir fürchterliche Ängste auslösende Heimfahrt auf mich.
Ein eh schon zur Genüge unsicherer Fahranfänger, der jetzt noch lustigerweise steif wie ein Brett war und immernoch Einiges doppelt sah.
Ich übertreibe wirklich nicht,wenn ich euch erzähle, daß ich für JEDEN Schulterblick sämtliche Pedale verlassen musste, weil sich dazu mein gesamter Torso drehen musste. Und das während der doppelsichtigen Nachtfahrt.
Doch könnte ich heute wahrscheinlich diese Zeilen nicht tippen, wäre damals nicht alles gut gegangen und ich stocksteif und vollkommen zerzaust in meinem Bett gelandet.
Oh süße Freiheit, wie hatte ich nur all die Jahre ohne dich leben können.
Dann kam der nächste Tag! Und wie bei wirklich scharfem Essen sollte ich heute unter den Nachwirkungen fast noch mehr leiden, wie am Abend zuvor. Ich quälte mich aus dem Bett und realisierte schnell, daß sich so gar kein Muskel meines Nackens entspannt hatte. Im Gegenteil, der duchbohrende Schmerz hatte sich über den ganzen Rücken bis zu den Arschbacken ausgebreitet. Wie um alles in der Welt sollte ich heute nur auf dieses Festival fahren?
Ich war drauf und dran, das Ganze abzusagen, doch dann riss ich mich zusammen, nahm drei Aspirin und machte mich auf den Weg. Wir waren zu viert am Treffpunkt, der Fünfte (olle Iron) hatte es wohl nicht nötig, eine Uhr bei sich zu tragen und schlenderte wohl seit einigen Stunden sinnfrei und fröhlich über den Flohmarkt. Da es damals noch keine Handys oder Dergleichen gab, hatte N° 5 halt die Arschkarte gezogen und mußte zu Hause bleiben. Nach ner Stunde Wartezeit fuhren wir halt nur mit vier Mann los. Ziel war das Airfield in Mainz, wo sich keine geringeren als AC/DC, Metallica, Mötely Crüe, Queensryche und die Black Crows die Ehre gaben. Das war wie oben schon erwähnt auch das Line-Up des 1991er Monsters of Rock in Donnington.
Mit 60 Mark war der Preis im Vergleich zu heutigen Wucher-Zeiten geradezu lachhaft preiswert. Wenn man bedenkt, daß man heute bei so einem Event für 30 Euro nicht mal mehr ein Shirt bekommt, ist diese Entwicklung einfach nur schade, weil sich viele Kids solche Preise einfach nicht mehr leisten können.
Nun denn, aufgrund der Wartezeit kamen wir auch zu spät auf dem Airfield an, wo die Black Crows gerade die Show erröffnet hatten. Über den verpassten Teil war ich nicht sonderlich böse, zählten doch damals die BC nicht zu meinen Lieblings-Bands. Überhaupt erlaubte ich meinem damals intoleranten Musikgeschmak, mich nur auf 2 Bands zu freuen. AC/DC und Metallica.
Da ich zu dieser Zeit mit musiklischen Scheuklappen durch die Welt irrte, war für mich auch nur harte Musik wirklich wertvoll. Dementsprechend waren, Crüe, Queensryche und die Crows auch nur "Poser" und wurden von mir arroganter und dämlicherweise auf durchgestylte Softie-Rocker reduziert. Was war ich nur für ein Clown. Heute, da sich mein Horizont in vielerlei Hinsicht erweitert hat, würde ich dieses Line-Up übelst feiern und zwar JEDE, dieser genialen Bands.
Doch damals war ich nicht bereit für solch anspruchsvolle Combos wie z.B. Queensryche.
Asche auf mein Haupt!
Somit gingen die Auftritte dieser drei Bands so ziemlich unbachtet an meinem geistig limitierten Auge vorüber.
Als dann Metallica die Bühne enterten, war nicht nur für mich alles anders.
Viele der ca. 180.000 (!!!!!!!!!!!) Zuschauer waren wohl nur wegen der Bay-Area Jungs angereist, denn die Stimmung eplodierte regelrecht.
Es war natürlich damals mein erstes Konzert dieser Größenordnung und ich war teilweise ganz schön überfordert.
Obwohl ich meinen Kopf trotz der Schmerzen (beim Metallica musste es einfach sein) gegen sämtliche Vorderleute schlug und wie tausende andere auch umherhüpfte, wie ein Gummiball, kam ich mir doch zweitweise eher wie ein in der Brandung verlorender Korken vor, der, ob er wollte oder nicht, den Bewegungen der Massen folgen mußte.
Es war manchmal wirklich gefährlich. Zigtausende von Leuten schoben wie tektonische Platten hin und her. Wer dabei stolperte, der war erst mal weg. Beim hin und her geschoben werden trampelte ich mehrmals über irgendwelche Leute drüber, die es alleine unmöglich wieder an die "Oberfläche" schaffen konnten. Doch helfen konnte man diesen armen Würstchen auch nicht, denn dann wäre man ebenfalls von den Horden platt gewälzt worden. Ein Wunder, daß damals nichts Schlimmeres passierte.
Und wie es schon olle Darwin vom Stapel liess: An dem Tag regierte nur das Gesetzt des Stärkeren. Die Looser, die es nicht mal schafften, sich auf ihren Beinen zu halten, wurden eben dazu selektiert, das Konzert von den Niederungen aus zu verfolgen. Ich lernte relativ schnell wie der Hase lief. Ich änderte meine Rolle vom Opfer zum Täter und drückte und schob fortan selbst mit aller Kraft durch die Gegend, was die Sache gleich viel erträglicher machte.
Ach ja, Metallica spielten ja derweil auch noch. Bei dem ganzen Chaos vor der Bühne konnte man ab und an schon den Grund aus den Augen verlieren, weswegen man sich das alles antat.
Das Quartett aus Kalifornien hatte gerade ihr neues "Black Album" im Gepäck. Ich fand das Album damals zwar schon relativ soft, aber es gefiel mir doch noch recht gut. Hätte ich gewußt, welcher Entwicklung diese Platte voran schritt, hätte ich sie definitiv mit anderen Augen gesehen. Doch an diesem Tag war das egal, Metallica begannen mit "Enter Sandman" und der Großteil der 180.000 Metalhedz rastete komplett aus. Der Sound war reinste Sahne und die Riffs und Hetfields Stimme sägten einem durch die Gehörgänge.
Auch wenn das neue Album damals noch ganz gut ankam, spielen Metallica erfreulicherweise nur 2 Lieder der neuen Scheibe. Eben den Opener und "Sad but true". Der Rest des Gigs waren fast ausschliesslich alte Nackenbrecher, die mein Gewebe rund um den Hals langsam aber sicher wieder kurierten. Ich erinnere mich an Evergreens wie "Creeping Death", das endgeile "Battery", die dunkle Hymne des "Master of puppets", die Klassiker "Seek and destroy" und "Whiplash", das epische "For whom the bell tolls" und (leider) auch Kuschelrock-Nummern wie "One" und "Fade to black" , die zum Besten gegeben wurden.
Alles in allem ein Sahne Konzert. Leider war dies damals wohl die letzten Gegelgenheit, die wahren Metallica zu sehen, bevor sie dann ihre kommerzielle und abartige Metamorphose durchlebten.
Die Altmeister von AC/DC hatten danach ein leichtes Spiel und konnten den Level,
den Metallica erreicht hatten, spielend halten, ja soger noch ausreizen.
Über die schottischen Australier braucht man eigentlich nicht viele Wort verlieren.
Live, damals wie heute, einfach DAS BESTE, was man erleben kann. PUNKT!
Da gibt es für mich keine zweite Meinung. Die Power, die Eingespieltheit, die Action, die überragende Qualität der Lieder und die musiklische Exzellenz der Musiker sprechen für sich.
Und somit legten die Jungs einen für sie fast schon selbstverständlichen Wahnsinns-Gig hin und rockten so schweinemäßig ab, daß man es sicher bis ins stinkende Frankfurt hören konnte.
Alles passte bei der perfekten Show, bei "Whole lotta Rosie" wurde unterhalb des Schlagzeugs eine riesige, fette Frau aufgeblasen, deren Möpse sicherlich die Ausmasse der Hindernburg hatten.
Beim traditionell letzten Song "For those about to rock" wurden gigantische Kanonen aufgefahren, und mit deren Schüsse wurden tausende von "Angus"-Dollars vom Bühnendach in den Nachthimmel geworfen. Leider fing ich Depp keinen davon, aber ein Kumpel von mir, der zufällig auch dort war, konnte sogar zwei ergattern und schenkte mir später netterweise eine.

Auch sonst war in der AC/DC Show alles vertreten, was einem das Herz aus dem Hals hüpfen läßt.
Der Opener "Thunderstruck", was für ein Brett! "Let there be rock", "Hells bells", das neuere "Money talks", oder andere Klassiker der Rockgeschichte wie "Heatseeker", "The Jack", "Jailbreak", "Dirty deeds.." und "T.N.T" wurden auf der Bühne wie im Publikum zelebriert.
Was für ein Konzert, was für ein Tag, was für ein Meilenstein in der Musikgeschichte.
Und mit jedem Tag, an dem ich an dieses Ereignis zurück denke, werde ich ein Stück dankbarer, daß ich damals dabei sein durfte.
Das war im wahrsten Sinne
HIGH VOLTAGE ROCK'N'ROLL !!!

2 Kommentare:

  1. Ha. Monsters of Rock in Mainz... das war mein allererstes Konzert. Und wie du, fand ich alle Vorbands scheiße, allerdings auch AC/DC. Wir sind da in erster Linie für Whiplash und Metal Militia hingefahren. Schöne Zeiten. Im Dezember 91 dann Mindfunk und Slayer in Ludwigshafen und Im Januar Bolt Thrower, Benediction und Asphyx in Karlsdorf. Warst du dam damals auch? Und hast was mit dem toten Flamingo zu tun?
    Gruß
    Norman

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  2. Toter Flamingo? keine Ahnung, was du damit meinst, aber auf Asphyx, Bolt Thrower und Benediction in Karlsdorf war ich damals tatsächlich.
    Hab die Karte mit Autogramm von Martin von Drunen noch. War das ein Brett!

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