Donnerstag, 30. November 2017

TRAPPED UNDER ICE
(25.10.2017 STADTMITTE KARLSRUHE)

Verrückte Hardcore-Welt!
Die Euphorie war groß, als die New-Noise-Buben bekannt gaben, dass TUI wieder in die Stadt kommen sollten. Der legendäre NCO-Auftritt letztes Jahr steht seit dem definitiv in meinem Buch der geilen Konzerte, und zwar ganz oben. Also war ja die logische Konsequenz, dass es wieder proppevoll und wieder extatisch werden würde.
Doch meistens kommt es anders und zweitens als man denkt: positiv geschätzt kamen am diesen Mittwoch abend gerade mal 100 Leute zu der Show. Im Vergleich zu dem Terror-Mob von über 800 Leuten, die letztes Jahr aus ganz Europa nach Karlsruhe pilgerten, eine eher enttäuschende Anzahl. Klar war es letztes Jahr ein Reunion Show und das einzige Konzert im Süden Deutschlands (und dazu noch freitags), aber dennoch hatte man das so nicht erwarten können.
Vorband waren WORLD EATER, ne klasse Band aus Saarbrücken, ich muss aber gestehen, dass ich von deren Show keine Sekunde sah, weil ich mich einerseits draußen mit ein paar Leuten unterhielt und andererseits das WLAN im Backstage-Bereich nutzte, um mir das DFB-Pokalspiel von Bayern gegen Rattenball anzuschauen.
Bei TRAPPED UNDER ICE war ich dann aber auf voll dabei. Glücklicherweise waren unter den 100 Leuten auch einige Hard-Dancers, was der Stimmung natürlich enorm gut tat. Dadurch wurde es tatsächlich noch zu einer guten und energiegeladenen Show. TUI schien das nicht groß zu kümmern, dass es nicht ganz so voll war. Die können ihren Power-Modus offenbar beliebig aktivieren und damit jeden Laden aufmischen. Die Hits dafür haben sie zweifelsohne.
Allerdings war dann auch nach ca. 50 Minuten schon wieder Schicht. Mir persönlich macht ja sowas nichts aus, ich messe Konzerte an ihrer Qualität, nicht an der Quantität. Wenn ne Band in ner Stunde auf den Punkt kommt und alles abliefert, was ich erwarte, dann bin ich zufrieden. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass da einige Fans schon etwas angeranzt waren. Aber unter dem allerletzten Strich des Abends war es eine klasse Hardcore-Show mit Power-Moshing wie aus dem Lehrbuch. Auch wenn sie definitiv mehr Leute verdient gehabt hätte!
Special Thanks gehen an die New-Noise-Brigade Alex und Lucas, T-Dog aka MC Resteesser samt Madame, Mount Faxe, Schach-Matt und natürlich an BlitzUndDonner-Sepp.
Falls ich jemanden vergessen habe, sollte der sich mal Gedanken machen, warum das so ist ;-)

Samstag, 11. November 2017

ARRESTED DEVELOPMENT
(26.10.2017, JUNGLE KÖLN)

Die Hochzeit des Ami-Rap waren ja bekanntermaßen die 90er. Da ploppten die Gruppen und Rapper gerade so aus den Ghettos der großen Städte. Ein Großteil der damaligen Acts fuhr dann auch schnell auf der kommerziell erfolgreichsten Schiene: dem Gangster-Rap. Die Jungs überboten sich gegenseitig im Böse kucken und Uzis wedeln. Die vorherrschenden Klamotten war schwarz und Armee-lastig und man ließ kaum einen Zweifel daran, dass man sich dem Ghetto-Leben kampflos ergeben hatte, ja es sogar auf gewisse Art und Weise glorifizierte.
Im Gegensatz dazu gab es aber auch eine andere Entwicklung im Rap. Eine immer größer werdende Gilde, die aus den Stereotypen des Ghettolebens ausbrechen wollten und für die Rechte und Chancengleichheit der Schwarzen kämpfen wollten, und das nicht mit Gewalt, sondern mit Bildung und schwarzem Bewusstsein.
Aus diesem Grund schlossen sich sogar einige Künstler zu der sogenannten "Native Tongue Posse" zusammen. Hier waren Rap-Gruppen wie DE LA SOUL, BRAND NUBIAN oder A TRIBE CALLED QUEST vertreten. All diese Bands kamen überwiegend aus dem Großraum New York. Doch auch unten im Süden, genauer in Georgia, entwickelt sich eine Ensemble mit ähnlichen Zielen.
Die Rede ist von ARRESTED DEVELOPMENT !!!
Schon früh stand deren bunter und positiver Stil dafür, dass die schwarze Bevölkerung nicht im tristen Ghetto-Leben vor sich hin vegetieren solle, sondern für bessere Lebensbedingungen und eine gute Ausbildung kämpfen müsse.
Und während sie diese Message ins ganze Land hinaus trugen, schrieben sie nebenbei noch einige Monster-Hits, die sie auch außerhalb der Staaten bekannt machten.
Na ja, aber selbst die positivsten Menschen brauchen irgendwann auch wieder ewas Schotter. Also gabs mal schnell ne "Greatest Hits Tour", einer der Stops war auch in Deutschland, genauer gesagt in der Essigfabrik in Köln.
Also Mädel geschnappt und nix wie hin, kurz vorher noch DJ Bulldo-G in Düsseldorf aufgegabelt und ab zur Show!
Warum genau weiß nicht, kann sein dass der Vorverkauf nicht so dolle war, jedenfalls wurde das Konzert bald nach Bekanntgabe in den kleineren Club "Jungle" verlegt.
Unterm Strich war das aber eine gute Entscheidung, denn aufgrund des kleineren Ladens war es wenigstens proppevoll und man konnte die Vibes zwischen Band und Publikum förmlich spüren.
Es gab keine Vorband, auch etwas, was mir sehr gut gefiel, und so ging es von 0 auf 100 los. Ich weiß nicht genau, wer von der ursprünglichen Zusammensetzung noch dabei ist, aber der Hauptrapper SPEECH und der Muskelprotz von Background-Sängerin und Tänzerin gehören auf jeden Fall von Beginn an dazu. Es war herrlich, die versprühten mit all ihren Musikern eine derart Gute Laune, dass mich sogar die paar Kiffer nicht wirklich störten, die unbedingt cool sein mussten und in so einem kleinen und ruckzuck auch stickigen Laden einige Wickel qualmen mussten.
Seit einigen Jahren haben ARRESTED noch einen zweiten Rapper dabei der sich ONE LOVE nennt. Das ist ja mal ein talentiertes Bürschchen, den könntest du mit seinen Fähigkeiten und seiner klaren Stimme ohne Umschweife in jede Rap-Gruppe der 90er bis heute stecken. Im übrigen hatte die klare und unverkennbare Stimme auch SPEECH im Gepäck dabei. Der rappte dermaßen exakt und deutlich, dass es sich oftmals zu 100% nach Platte anhörte, aber dabei ging das Live-Feeling zu keiner Zeit verloren.
Was für ein Abend, was für eine Hip-Hop-Legende, was für ein gutes Gefühl, welches da vermittelt wurde, und da ging es mit Sicherheit jedem der ca. 500 Leute so. Im übrigen waren das überwiegend kaum erkennbare Rap-Fans, der Großteil sah eher nach hippen Lehrern und ewigen Studenten aus - eben Everyday People! Aber das tat der Stimmung keinen Abbruch, im Gegenteil, die Atmosphäre war echt und nicht so gezwungen wie heutzutage, wo bei Konzerten nur noch posiert wird und die beiden einzigen Bewegungen aus Schlitzmob-Selfies und stupidem Arm-Wippen besteht.
An diesem Abend wurde getanzt, gehüpft und mitgesungen, so eben, wie es normalerweise auf einem Hip-Hop Konzert sein sollte. Der Abend in Köln war definitiv eine lohnenswerte Reise in die Vergangenheit und wenn ich SPEECH richtig verstanden habe, arbeiten die sogar an neuem Material.
, Beste Grüße an meine Süße und natürlich an DJ Bulldo-G und auch noch an die Flachpfeife von Dreadlock-Kiffer, der offensichtlich nicht mehr soviel wie früher vertrug und beim zweiten Song ohnmächtig wurde! War das ein Spass, und obendrein ein Qualmer weniger!

Dienstag, 15. August 2017

WER KENNT SIE NOCH - DIE KNIBBELBILDER

Wieder mal ein Schwank aus meiner Jugend, und somit auch eher was für die reiferen Semester.
Früher war alles besser?? Diese Aussage kann man wohl so nicht in allen Bereichen stehen lassen, wenn man bedenkt welche technischen Erfindungen uns heutzutage das Leben erleichtern, wie man es in den 80ern nie für möglich gehalten hätte. Wollte man früher bei einer Acker-Party Musik hören musste man ne Anlage mit Aggregat besorgen, son Ding war so groß wie ein Kleinwagen, verschluckte ne Menge Spritt und war obendrein noch schweinelaut, manchmal lauter wie die Mucke selbst. Und irgendwann in der Nacht rieb sich meistens irgendein ein Besoffener wild-schmusend daran, weil er sich am heimischen Ofen wähnte. Heute ginge man mit der handlichen Bluetooth-Box los, deren Akkus teilweise 50 Stunden halten und einen Monster-Sound liefern. Doch gibt es heutzutage überhaupt noch Ackerpartys???
Ich schweife mal wieder ab: ein Aspekt dieser Zeit war definitiv, dass man von allem nicht diese unglaubliche Auswahl von allem gab. Beispielsweise von Coca-Cola. Da gab es, wenn ich mich recht erinnere, drei Verkaufsarten: Wegwerf-Dosen, 0,33er Glasflaschen und in den berühmtberüchtigen 1L-Glasflaschen. Das wars! Und von den Sorten her war das auch kein Vergleich zur heutigen Vielfalt: Es gab Cola, Fanta und Mezzo-Mix, vielleicht noch Lift oder Sprite. Und fertig!
Der 12-Kasten war knallegelb und hätte, komplett gefüllt, gut und gern als Ankergewicht einer mittelgroßen Luxus-Yacht gedient. Die Dinger waren einfach sackschwer. Natürlich war es für uns Kinder immer eine Art Feiertag, wenn sich das Familienoberhaupt nach minutenlangem Gequängel breitschlagen ließ und sone gelbe Bombe mit angehaltener Luft in den Einkaufswagen wuchtete. Die Flüche, die dabei ausgestoßen wurden, bedurften keiner Aussprache, man konnte sie (wie in den Asterix-Comics) regelrecht sehen. Hier so ein "Kasten" (auf die Dinger passte der Begriff noch) , ein besseres hab ich leider nicht gefunden:
Natürlich gab es auch damals schon Werbe-Aktionen, auf die die Leute ebenso blind und berechenbar wie heute angesprungen sind. Die Aktionen waren natürlich einfacher gestrickt als heute, aber DAS waren die Menschen vor 40 Jahren auch!
Jedenfalls, um endlich aufs Thema zu kommen, gab es damals diese KNIBBELBILDRR. Das waren so gummierte Bildchen, die als Ersatz für die normale Abdichtung in den Flaschenverschlüssen waren.
Man musste ne Weile mit seinen wurstigen Fingern herum "knibbeln", um sie heraus zu bekommen. Daher (aber das haben die Füchse unter euch sicher schon selbst heraus gefunden) der Name "KNIBBELBILDER"!
Der Marketing-Gag dahinter war, dass es diverse Sammelserien gab und man besonders den jüngeren Konsumenten (ganz leicht) verklickern konnte, dass deren Leben oder zumindest die nationale Sicherheit davon abhinge, auch wirklich ALLE Bilder der jeweiligen Kollektion zusammen zubekommen. Dafür gab es dann auch schniecke Poster, auf die man die Bildchen dann standesgemäß aufkleben konnte, sozusagen als Ersatz für ein Album. Natürlich hatten diese Knibbelbilder NIE auch nur annähernd den Status oder die Verbreitung der Panini-Sammelbilder, das war eine ganz andere Liga. Aber die Akzeptanz der Knibbelbilder war ebenso recht ordentlich und es wurde auch bei diesen munter gesammelt und getauscht. Es gab diverse Serien wie Popstars, Oldtimer, Schiffe oder Flugzeuge. Die meines Wissens beliebteste Ausgabe war die zur WM 1982 in Spanien. Hier konnte man die ganzen Nationalspieler sammeln. Merkwürdigerweise habe ich das ganze Internet abgesucht, ja fast schon durchkämmt: Ich finde von denen absolut keine Fotos. Wenn da mal nicht wieder eine Verschwörung im Gange ist!? Sicher haben die Nationalspieler-Hackfressen von damals dafür gesorgt, dass wenigstens die Knibbelbilder von der Oberfläche verschwinden, ein Vorhaben, dass bei den weitaus verbreiteteren Panini-Bildern sicher nicht möglich gewesen wäre. Hier ein Beispiel für die These, dass man mit den Gesichtern der damaligen Nationalspieler hätte Eier abschrecken können:

Jedenfalls sehe ich auf Flohmärkten ab und zu heute noch solche Knibbelbilder und natürlich kommen auch dabei wieder viele alte Erinnerungen hoch, Nostalgie halt!
Ich wollte, ich könnte diese Zeit nochmal erleben, nicht nur aus melancholichen Gründen ... ich würde mich an Sneakern, Spielzeug, Platten und Klamotten DUMM UND DÄMLICH kaufen, denn ganz anders als die bekifften 70er oder die einfach in allem nur hässlichen 90er waren die 80er die mit Abstand stilvollste, produktivste und unsterblichste Dekade dieses Jahrtausends. Und daran wird sich erst wieder was ändern, wenn der Letzte unserer Generation den Blinker gesetzt hat. Bis dahin feier ich den Kult dieser Zeit!

Mittwoch, 9. August 2017

BRYAN FERRY
(24.05.2017, FESTSPIELHAUS BADEN-BADEN)

Es gibt mittlerweile einige Leute, die sich meine Blogs regelmäßig reinziehen, erstens: danke dafür! Zweitens: tut mir leid, dass ich mich in letzter Zeit virtuell so rar gemacht habe, da kann ich hundert Mal Besserung geloben, es ist zeitlich und kopflich einfach nicht mehr so leicht. Ich habe sozusagen meine literarische Leichtigkeit des Seins verloren.... ODER ... ich bin einfach nur eine faule Socke, die den Arsch nicht hoch bekommt !!! Die Amis sagen in so einem Fall: You figure it out!
(Konzert-)Material hab ich jedenfalls tonnenweise, das werde ich auf jeden Fall alles aufarbeiten, wenn auch nicht in der richtigen Reihenfolge, aber das sollte euch ja komplett schnuppe sein.
Dieser ganze Prolog bringt mich zum eigentlichen und oben genannten Thema. BRYAN FERRY !!!
Leute, die sich fanmäßig wirklich der Musik widmen, die sozusagen richtig dafür leben, die sind ja alle, auf die ein oder andere Art auch Sammler. Wahrscheinlich jeder dieser Nerds (zu denen ich mich selbstverständlich auch zähle) hortet doch zu Hause irgendwelche Sachen, die mit Musik zu tun haben. Ob Eintrittskarten, Tourposter, Set-Listen, gefangene Drumsticks oder Plektren, Platten, CDs oder Videos, jeder hat da so seine Vorliebe, seinen Lieblings-Bands zu huldigen (im Müll gefundene "Star-Unterhosen" selbst aufzutragen gehört aber definitiv nicht dazu, das kommt meistens uncool!).
Natürlich gilt das auch für Konzerte und Künstler selbst, auch diese kann man sammeln. Ich beispielsweise hab es mir zum Ziel gemacht, möglichst viele große Musiker oder Bands, die für mich eine Art Legenden-Status haben (oder diesen zumindest mal hatten), live zu erleben. Und da kommt BRYAN FERRY ins Spiel. Auch wenn das mit dem Legenden-Status bei ihm vielleicht auf Anhieb nicht jeder nachvollziehen kann, so dürfte das bei seiner ohne jeden Zweifel überlegendären Band ROXY MUSIC aber nicht der Fall sein. Diese Band schrieb Musik-Geschichte!! Und somit ist (zumindest meiner Meinung nach) BRYAN FERRY ebenso eine lebende Legende.
Und mein Mädel wäre nicht mein Mädel, wenn sie nicht wüsste, dass sie mir mit Konzertkarten von diesem Herren eine Riesenfreude macht. Also lagen die Dinger unter Weihnachtsbaum. GIERIG!
Einziger Makel: die Location! Einerseits geil, weil fast vor der Haustür, andererseits ein elitärer Schnösel-Schuppen, in dem sich die High Snobiety normalerweise maßlos überteuerte Erdbeeren in den Schlund stopft, Champagner säuft und die sündhaft teure Abendgarderobe Gassi führt. Nicht meine Welt, aber bei BRYAN FERRY sollte es einigermaßen erträglich bleiben. Klar kamen auch an diesem Abend einige Clowns im Smoking oder mit geradezu lächerlich aufgeplusterten Ballkleidern, aber das waren nur wenige. Das Gros waren normal gekleidete und vor allem normal situierte Menschen, die Bock auf gute Musik hatten. Unsere Plätze waren in schwindeleregender Höhe, erste Reihe Empore, seitlich, wir hatten einen perfekten Blick auf die Bühne, ich war aufgeregt wie ein kleines Kind. Als Support hatte FERRY ne Madame namens EARL dabei, auf den ersten Blick rattenscharf, High-Heels, hautenges Kleid, indianisches Aussehen: typsich für den Schwerenöter FERRY, der ja bekannt dafür ist, dem weiblichen Geschlecht eine überdurchschnittliche Aufmerksamkeit zukommen zulassen. Man munkelt ja, dass er eine nicht unerhebliche Anzahl davon auch besprungen haben soll, also ist er durchaus auch in dieser Disziplin legendär. Wenngleich er das öffentlich anders darstellt: er hat definitiv das Mojo!
Doch zurück zu EARL, wie gesagt, ne wirklich Hübsche und obendrein eine klasse Sängerin und Musikerin. Mit einigen Songs konnte ich was anfangen, mit anderen nicht. Dennoch ne tolle Künstlerin.
Dann kam endlich BRYAN FERRY !
Es war grandios, nicht nur, dass dieser Mensch plötzlich vor mir (oder aufgrund der Empore besser "unter mir") stand, sondern auch das ganze Paket war atemberaubend. Licht, Sound, Band und Ferry waren eine Einheit. Der set bestand hauptsächlich aus ROXY MUSIC-Songs, was natürlich die Herzen vieler Fans höher schlugen ließ. Seine eigenen Songs waren eher nachdenklich, manchmal etwas destruktiv und insgesamt weniger Mainstream. Und genau DAS war auch die richtige Mischung des Abends. Besonders zu Beginn der Show traf FERRY nicht jeden Ton so wie früher, allerdings versuchte er das aber auch nicht zu vertuschen. Er ist wie er ist und er singt, wie er singt! Nach einiger Zeit wurden seine Stimmbänder auch wärmer und man merkte von den anfänglichen Problemchen nichts mehr. Störend war es ohnehin zu keinem Zeitpunkt, dafür war die charismatische Aura, die FERRY um sich herum aufbaut, einfach zu mächtig.
Was für ein Konzert, ein ums andere Mal konnte man sich in den melancholichen Welten der Lieder verlieren, "Slave to love", "Avalon", "More than this" oder das John Lennon Cover "Jealous Guy", aber auch andere Covers wie "Like a hurricane" von Neil Young oder Bob Dylans "Simple Twist of Fate" passten zu dem Abend, einem Abend, in dem klar wurde, warum ROXY MUSIC und BRYAN FERRY einen solch immensen Einfluss auf die Entwicklung vieler Bands ja ganzer Musikrichtungen hatte.
Die Leute klatschten sich die Finger wund und holten Ferry zweimal auf die Bühne zurück. Das Image des immer gutgekleideten und vielleicht ab und an auch etwas mit Allüren behafteten Gentlemans erfülllte er dabei nur bedingt, denn er zeigte sich als dankbarer und bodenständiger Typ, der glaube ich weiß, was er den Fans zu verdanken hat und sich selbst nicht als gottgegebenes Geschenk an die Menschheit sieht.
Ich war jedenfalls begeistert und konnte am Ende des Tages ein weiteres Teil in mein Helden-Puzzle einfügen. Ein Puzzle, in dem zwar leider einige Teile für offen bleiben werden, aber an dem man noch einiges zusammensetzen kann.

Sonntag, 4. Juni 2017

.CYNDI LAUPER
(02.07.2016 KÖLN E-WERK)

Ich denke jeder aus meiner Generation kennt dieses nostalgische und vor allem melancholische Gefühl, wenn er mit gewissen Dingen aus den 80ern konfrontiert wird. Diese Art der angenehmen Wehmut, man erinnert sich an die schöne und über weite Strecken unbeschwerte Zeit, in der man noch mehr oder weniger wohl behütet an Mamas Brust hing, vielleicht das erste Mal so richtig verliebt war und vor allem die Filme und die Musik dieser Zeit regelrecht zelebrierte. Die Angebotsschwemme damals war in keinster Weise so riesig wie heute und folglich hatten die Dinge einfach mehr Wert. Dass dieses Jahrzehnt aber so unvergessen und kultig werden sollte, hätte damals sicher niemand vermutet.
Natürlich verbindet jeder die 80er Jahre mit anderen Dingen. Für mich war eines DER Gesichter dieser Zeit die unglaublich extrovertierte und bunte CYNDI LAUPER. Nicht zuletzt weil sie durch ihren Song "GOOD ENOUGH" auch mit einem der besten Filme dieser Zeit unumstößlich verbunden ist. Sie erschien sogar kurz im Film und das Video handelte ebenfalls vom Film. Die Rede ist natürlich vom Evergreen-Streifen "GOONIES"!
Nun denn, ich wollte diese Grand-Dame des Pop schon immer mal sehen und habe ihre Karriere auch durch die Jahrzehnte verfolgt, so gut das eben ging. Oft hörte man von Gerüchten einer bevorstehenden Europatour, bei der aber horrende Ticket-Preise im Raum standen. Letztlich war aber alles Schall und Rauch, erst als wirklich und wahrhaftig einige Tourdates veröffentlicht wurden, war klar: sie wird kommen. Das einzige Deutschland-Konzert sollte in Köln stattfinden und wenn man die Sache genauer betrachtet, war das nur logisch. CYNDI LAUPER war schon seit jeher durch ihr schrilles Auftreten eine Ikone der Schwulen. Und in Köln ist ja nunmal bekanntlich das deutsche Mekka der Homosexuellen-Bewegung, Da musste ja eines der Konzerte dort stattfinden. Dass es letztenendes nur diese eine Show in Deutschland war ist etwas verwunderlich, zeigt aber auch, dass Mrs.Lauper nicht auf gnadenloser Abräumreise ist, um nochmal die guten alten Zeiten zu melken. Auch die Ticketpreise von 38 Euro waren mehr als fair und so schipperten mein Mädel und ich in die Domstadt. Dummerweise war an dem Tag auch das EM-Viertelfinale Deutschland-Italien. Mir war das schnurz, aber meine bessere Hälfte kann halt ne ziemliche Kutte sein, die hätte das Spiel schon gerne gesehen. (Aber letztenendes sahen wir nach dem Konzert noch in einer Hotelbar in der Nähe des Doms die Verlängerung und das Elfmeterschießen, bei dem keiner meiner zahlreichen Wünsche für ein deutsches Ausscheiden erhört wurde und deshalb einen Großteil unseres späteren Abends in einem schwarz-rot-goldenen Straßenchaos endete.)
Doch der EM-Kick war für viele kein Grund gewesen, um dem Konzert fern zu bleiben weswegen das E-Werk auch "ausverkauft" vermelden konnte. Und was gab es da für Paradiesvögel zu sehen, Diven, Tucken, Transen, alles war vertreten. Es war herrlich. Sogar Christoph Uecker, einer der prominentesten Schwulen Deutschlands der damals in der Serie "Lindenstraße" das ganze Land polarisierte, schlenderte mehrmals an mir vorbei.Offensichtlich wollte auch er sich diesen musikalischen Leckerbissen nicht entgehen lassen.
In der Halle war es extrem warm (ha ha ...Flachwitz!), schon nach wenigen Minuten floss einem die Brühe runter, doch als es dann endlich los ging, war das alles egal. Da stand sie, leibhaftig und echt und vor allem, keineswegs extrovertiert wirkend. Eher schüchtern stellte sie sich vor und legte auch gleich mit dem ersten Song los. Was man dazu wissen sollte ist, dass die neue Platte von ihr ziemlich Country-lastig ist und hauptsächlich aus Cover-Versionen dieses Genres bestehen. Folglich sollte es einige Lieder geben, die so gar nicht Lauper-like waren, zumindest nicht, wie man sie aus den 80ern kannte. Ich fand es klasse! Sie hatte eine gute Mischung aus alt und neu gefunden, ihre Hits kamen dabei natürlich keineswegs zu kurz und so drückte sie schon relativ froh sone Dinger die "She Bop" oder "I drove all night" raus. Stimmlich perfekt, rein gar nichts zu damals eingebüsst, vielleicht etwas weniger quietischig, dafür jetzt geringfüfig rauher, aber immernoch unverkennbar LAUPER!!!
Es war fabelhaft, zwischen den Songs erzählte sie diverse Geschichten auf eine so sympathische Art und Weise, welche ich so gar nicht erwartet hätte. In meinem Kopf war sie halt eher der ausgeflippte und gegen alle Normen rebelierende Typ, eigentlich das komplette Gegenstück zur Wirklichkeit.
Die Fans feierten jede Geschichte, jede Anekdote und natürlich auch jeden Song frenetisch ab, am meisten natürlich die Zugaben "True Colors", "Time after time" und "Girls just want to have Fun". Speziell letzteres zelebrierte speziell die Schulengemeinde , da sie diese Aussage anscheinend allesamt auf sich selbst bezogen.
Es war eine willkommene Reise in die Vergangenheit und ein wirklich toller Abend mit einer umwerfenden und bezaubernden Frau, die heute noch genau so viel Ausstrahlung versprücht wie 1983, als sie ihren ersten Hit landete (wahrscheinlich eher mehr!).

Samstag, 22. April 2017

CYPRESS HILL / REDMAN / MOBB DEEP / KRS ONE
(24.06.2016 ZENITH STRASBOURG)

Man kann ja über die Fanzosen viel sagen, aber RAP-mäßig haben sie einfach Tonnen mehr drauf als wir Deutschen. Allein dieses Lineup auf die Beine zu stellen, daran wären man hier zu Lande schon gescheitert, und wenn nicht daran, dann auf jeden Fall eine Halle dieser Größe voll zu machen. Ich hatte eh meine Zweifel, ich war mir anfangs sicher, dass die Halle sicher verkleinert würde und nicht die volle Kapazität freigegeben würde. Sind ja immer gut 12.000 Leute die insgesamt rein passen. Doch es war die komplette Halle und sie war zum Bersten voll. Das verdeint schon mal allergrößten Respekt.
Von DJ Premier (Ex-GANG STARR) bekamen wir nicht viel mit, denn obwohl das Konzerts Freitags war, fing es schon mittags um zwei an. Da hier halb Europa anreisen würde, war klar, dass nicht alle gleich zu Beginn da sein würden, wir eben auch nicht.
Aber KRS ONE sahen wir dann in all seiner Pracht, ein Kult-Rapper, einer vom alten Schlag, er kam gut an, war aber meines Erachtens auf der riesigen Bühne etwas verloren. Da drehte er damals in der Laiterie ne gehörige Portion mehr am Rad. Vielleicht wird er aber auch einfach nur so langsam alt. Das New Yorker Urgestein ist ja nun auch schon über 50!
Aber gut war er dennoch! Und machte vor allem Lust auf mehr, denn man konnte ahnen, was in der Halle beim Headliner los sein würde!
Danach sollten die Kult-Rapper von MOBB DEEP ihrem Mythos gerecht werden. Mythos, weil sie einerseits noch nicht allzu oft übern Teich gekommen sind und andererseits ja auch richtig fiese New Yorker Straßenköter sein sollen, so mit Knast und Waffen (letzteres trifft aber wohl nur auf Prodigy zu).
Auf jeden Fall ist MOBB DEEPs Musik Kult, doch meiner Meinung nach waren die beiden auf der Bühne eher arschlos, hatten wenig Bock und suchten zu keiner Zeit den Kontakt zu der immer größer werdenden Meute. Leider aber logischerweise kifften in der Halle auch immer mehr Leute, wenn man so über die Köpfe schaute, sah das eher aus, wie eine gerade erkaltet Vulkaninsel, die aber überall noch brodelt und dampft. Doch das nur am Rande!
Mittlerweile hatten wir auch gute Sitzplätze und konnten dem Treiben relaxed von oben zu schauen. Das war im Nachhinein eine Top-Entscheidung!
REDMAN was next, leider aber ohne den mit angekündigten METHOD MAN, der irgendwo nen Flug verpasst hatte, das war natürlich nur die offizielle Erklärung, wahrscheinlich hatte ihn das arabische Dope aus Frankreich aus den Sneakers geschossen!
Das war aber kein Problem für REDMAN, der der geborene Entertainer zu sein scheint. Er legte eine Mega-Show hin, performte seine eigenen Songs aber auch ein paar WU-TANG Sachen sowie andere Rap-Classics. Dazu noch n Haufen Witze und lockere Sprüche, der brachte die Halle zum ersten Mal richtig in Form! Am Ende kündigte er sichtlich high von der Atmosphäre (vielleicht etwas übermütig) an, dass er bald zurück käme und zwar mit dem kompletten Clan !!! Das warten wir mal ab!
Danach der Hauptact, die Headliner, die Masterminds, die Stoner-Rap-Götter: CYPRESS HILL !
Wenn man allerdings dachte bzw. sich erhoffte, dass die Jungs spektakulär die Bühne entern sollten, der lag vollkommen falsch.
Zunächst trottete B-Real auf die Bühne, mit Sonnenbrille und Cap. Da er ziemlich abgenommen hat, erkannte ich ihn zunächst gar nicht, er rappte irgendwas vor sich hin, also absolut kein großer Auftritt! Erst als Sen Dog dazu kam, wurde mir (und wahrscheinlich einigen anderen auch) klar, dass das ja schon CYPRESS HILL waren. Dann aber rollten sie das Feld von hinten auf und steckten die ganze Halle mit ihrem Virus an, und wenn ich sage die ganze Halle, das MEINE ICJ DIE GANZE HALLE !!!!
Über 12.000 Menschen drehten förmlich durch, die auf den Sitzen natürloch nicht ganz so extrem wie die stehende Meute, doch allen waren infiziert. Folgendes Video aus meiner Feder fängt die Stimmung glaube ich ganz gut ein! Die Show war schlichtweg der Hammer, CYPRESS HILL waren über alle Zweifel erhaben und zündeten eine Bombe nach der anderen. Und jeder zweite Fan rauchte vor Freude doppelt soviel wie sonst. Doch das musste und konnte ich an diesem Abend ertragen. Ehrlich, ein großes Dankeschön an Frankreich, dass die sowas aus dem Boden stampfen konnten. Mit dabei waren Olli O.aka "DJ not so fast" und Guru Lars aka "MC Niggler"

Montag, 13. März 2017

BRUCE SPRINGSTEEN AND THE E-STREET BAND
(17.06.2016 OLYMPIASTADION MÜNCHEN)

Nachdem ich ja grad zwei Wochen vorher beim Rockavaria-Festival war, zog es uns jetzt, knapp zwei Wochen später, schon wieder ins altehrwürdige Olympiastadion zu München. Dieses mal, das wusste jeder, der mit von der Partie war, dieses Mal konnte es keine bösen Überraschungen oder Enttäuschungen geben, denn der Boss höchstpersönlich gab sich die Ehre.
Das kann niemals schlecht werden !!!
Nachdem ich allerdings die betagten Herren der E-STREET BAND 2012 das letzte Mal erleben durfte, dachte ich damals irgendwie, das sei dann auch wirklich das letzte Mal gewesen. Ich meine, irgendwann muss "Dynamo"-Springsteen doch mal alt werden, nicht dass ich mir das wünschen würden, aber bei dem feinen Herren scheint der vermeintliche Lauf der Natur wohl halt zu machen.
Umso besser, denn wir hatten Karten für ein weiteres Kapitel der Konzert-Geschichte!
Leider kamen wir etwas zu spät, weil so ein Klugschwätzer meinte, dass der Konzertbeginn von 19 Uhr, welcher auf der Karte stand, unmögliche die wirkliche Startzeit sein könne, sondern sicher nur die Einlasszeit wäre. War aber halt doch der tatsächliche Beginn und so verpassten wir ne gute halbe Stunde des Sets. Vielen herzlichen dank an den Klugschwätzer (der hier aber unter keinen Umständen genannt werden will).
Aber im Endeffekt machte das bei einem Dreieinhalb-stündigen Programmes nicht allzuviel aus. (Hatte man bei DEAD KENNEDYS im Substage ne halbe Stunde des Sets verpasst, konnte man immerhin noch ein ganzes weiteres Lied geniessen!).
Ach was war das wieder für eine Wonne, wie oben schon erwähnt: ein Springsteen-Konzert KANN NICHT SCHLECHT SEIN. Im Gegenteil, es gehört einfach zum Besten, was man live erleben kann. Und immer wieder findet dieser Großmeister des Rock die richtige Mischung aus alten und neuen Songs und jedes Mal schafft er es beinahe mühelos, jeden im Stadion von seinem Sitz zu reißen. Springsteen begeistert! Ich vermeide es jetzt, Songs aufzuzählen, wen es interessiert, ne Setlist gibts im Internet. Hier soll es einfach um den Geist, um den Spirit gehen, denn dieser Mann verbreitet. Und trotzdem ist er bodenständig und integer geblieben und hat seine Ideale nie dem Kommerz zum Verkauf angeboten. In der heuten Zeit, speziell nachdem gerade in den letzten Jahren so viele Gute gegangen sind, in dieser Zeit ist Bruce Springsteen einfach der Größte noch lebende der Musikgeschichte, der, und das ist das imposante daran, anscheinend noch lange nicht genug hat und agiler und fitter denn je wirkt. Obwohl der letzte Satz nicht so ganz wahr ist, denn Gegensatz zum letzten Konzert hielt sich in München sein Bewegungsradius doch sehr in Grenzen. Wo er in Frankfurt noch sicher 3-4 Kilometer weit die Bühne entlang getollt ist, begnügte er sich dieses Mal weitestgehend mit dem Areal rund um sein Micro. Aber wer weiß, vielleicht hatt er auch nur einen ganz fiesen Sprühstuhl und konnte deshalb nicht das ganz wilde Luzie von der Kette lassen. War aber auch egal, es war deswegen keinen Deut schlechter, wahrscheinlich hält das sogar die Qualität einer Dreistunden-Plus-Show auf einem noch höheren Niveau.
Auch dieses Mal wieder holte er sich ohne Scheu einige Leute auf die Bühne, tanzte mit Ihnen, sang mit Ihnen und bereitete damit diesen Menschen und auch den ca. 30.000 anderen im Stadion einen wiedermal unvergesslichen Abend.
Mit dabei waren Musikpapst Armin samt Spross und Onkel Mad, fühlt euch gegrüsst!

Montag, 13. Februar 2017

ROCKAVARIA FESTIVAL 2016: IRON MAIDEN

Ja, ich weiß ... ich hab schon einige Mal daher geblubbert, dass ich nicht mehr auf solche großen Dinger gehen wollte, aber das war in diesem Jahr die einzige und fnanziell erträglichste Möglichkeit, die beste Band der Welt zu sehen. Das ist übrigens mein voller Ernst, ich halte IRON MAIDEN tatsächlich für die absolute Krönung der Musikgeschichte.
Und deswegen ließ ich diese ganzen negativen Begleiterscheinungen über mich ergehen, die so ein Massenevent mit sich bringen. Wir (zu viert) reisten aber nur Sonntags an, beim Rest des Festivals war nicht wirklich viel für mich dabei, bzw. nix, wofur ich jetzt Geld und Zeit hätte opfern wollen. Das Festival an sich ist ganz ordentlich aufgeteilt, das Olympia-Stadion samt umliegendem Gelände ist ja auch für sowas wie geschaffen. Im Olympia-See schwamm sogar eine kleine Bühne, die treffenderweise dann auch "Seebühne" genannt wurde. Auf dieser kleinen Bühne fingen wir dann auch gechillt in der Sonne liegend mit zwei geilen Bands am. BLACK VULPINE - female fronted - düsterer Stoner-Metal aus Dortmund - klasse, blieb wirklich hängen, sollte man sich mal was von geben, wenn man auf son Zeugs steht. WENN man auf dieses Zeug steht, kennt man auf alle Fälle auch IRON WALRUS, denen BLACK VULPINE sozusagen die Bühnen-Klinke in die Hand gaben. Ebenfalls sehr gut, doomiger Sludge-Metal oder wie auch immer das fette Gebräu genannt wird. Das war ja alles schön und gut aber in der prallen Sonne wollte natürlich auch nicht wirklich die passende Stimmung aufkommen, sowas muss man in einem feuchten und modrigenn Keller-Loch hören,in dem der Boden nur so von Asseln wimmelt, die ihre Chitin-Hüften katatonisch auf den dumpfen Beat der Musik hin und her bewegen.
Deshalb wurd IRON WALRUS bald etwas langweilig und ich traf mich mit Musikpapst Armin und seinem Filius im Stadion. Die beiden waren schon das ganze Wochenende da gewesen ... warum auch immer.
Im Stadion dann zwei große Bühnen nebeneinander. Das mag ich schon mal gar nicht, diese Massenabfertigung, Musik quasi am Fliessband. Ich fand die Umbau-Pausen immer angenehm, kurz entspannen, Ohren ausruhen und wirken lassen, was man grad erlebt hat. Doch all dieser Dinge wir man dadurch beraubt. Ist die eine Band fertig hetzt ein riesiger Klumpen Leute von einer auf die andere Seite und schon geht die Beschallung weiter.
Wir standen in den Stehplätzen, die Sitzplätze, mit denen wir zunächst liebäugelten, waren hermetisch abgeriegelt und nur für Karteninhaber zugänglich. Egal, wir sahen GOJIRA, fetter Sound, Musik eher son harter Einheits-Metal, viele Breaks und Power-Riffs. Doch ein Funke sprang bei mir nicht über. Ordentlich wars aber auf alle Fälle!
Dann folgte TREMONTI, die Band von Mark Tremonti, der auch bei Creed und Alter Bridge mit mischelt. Der, muss ich sagen, hatte echt ein paar gute Songs, lief ganz gut rein. Die paar tausend Leute allerdings, die sich zu diesem Zeitpunkt im weiten Rund des Stadions verloren, liessen eine wirklich gute Stimmung nicht aufkommen, wie immer bei den frühen Bands solch großer Konzerte. Ein weiterer Minuspunkt. In nem guten 500-1000er Club kämen die meisten Bands dieses Tages wie Dynamit rüber.
Dann das erste Turbo-Highlight, New Yorks Skate-Metal-Götter ANTHRAX !!! Yeah!
Jetzt füllte sich der Innenraum auch merklich und gleichzeitig zogen am Himel pechschwarze Wolken auf. Diese ergossen sich bald in einem üblen Unwetter und über die Anzeigetafel kam sogar eine Sturmwarnung. Alle Leute im Innenraum sollte Schutz auf der großen überdachten Tribüne suchen. Zum totlachen, so kamen wir für umme auf die Sitzplätze, Stehen hätte sich auch bei guten Wetter ohnehin nicht gelohnt, den 90% der Zuschauer schauten wirklich nur lethargisch zu. Ihr Bewegungsradius war der eines Bierdeckels.Also kamen wir doch noch auf die sicheren "Rentnerplätze" und genossen die Show von ANTHRAX. Danach waren die Schweden "GHOST" angesagt und wir mussten uns jetzt etwas bewegen, denn die spielten auf der rechten Bühne. Also hiess es, die Köpfe ca. 20 Grad nach rechts zu drehen. Nach dieser immensen Anstrengung konnte ich die Band nur mit einem kleinen Happen genießen. Das war allerdings ein schier hoffnungsloses Unterfangen, denn die Fress-Stationen, die sich ja ebenfalls unter dem Dach hinter der Tribüne befanden, waren hoffnungslos überfordert und wurden teilweise geradezu ausgeplündert. Aber nen kleinen Snack konnte ich doch abgreifen, also wieder rein und Musik reinziehen. Denn GHOST, mit ihrem furchteinflössenden Äusseren, überraschten mich echt. Bisher hatte ich mit den Burschen um den Totenkopf-Papst nicht wirklich was anfangen, zu viel Tra-Ra ums Aussehen geht meistens auf die Qualität der Musik. Doch diese Jungs machten nen klasse Job, atmosphärische Mucke, und das trotz der Tageszeit. Leider war auch bei der nächsten Band die Tageszeit ein kleiner Wermutstropfen, denn SLAYER ohne Dunkelheit ist wie Hannibal Lecter ohne Zähne: einfach weniger furchteinflössend. Dennoch boten die Herren um Kerry King eine gewohnt druckvolle Darbietung. Aber ehrlich, über SLAYER fällt mir nix konstruktives mehr ein, deren Konzerte sind immer eine Power-Wand, immer kompromisslos, immer gut aber irgendwie nie einzigartig. SABATON war als nächstes dran und es schiffte wieder (oder immernoch?) aus allen Kübeln. Da war ich doch glatt etwas schadenfroh, denn ich kann diese Clowns einfach nicht leiden, aber das habe ich ja schon des öfteren kund getan.
Dann, endlich, hatte das warten ein Ende. UP THE IRONS !!!
Die Götter aus dem Osten Londons eröffneten mit den beiden Songs der neuen Platte: "If Eternity should fail" und "Speed of light". Die liessen mich auf dem Sitz schon nervös von Arschbacke zu Arschbacke hüpfen, Maiden im sitzen ist zwar bequem aber sprichwörtlich für den Arsch. Beim Klassiker "Children of the damned" gab es keine halten mehr. Für die Kumpels hatte ich nur noch zwei Worte übrig: "MUSS WEG!" Ich fiel in Trance, bekam den Tunnel-Blick und war im Nu von der Tribüne runter, quer durch den Innenraum bis vor die Bühne gerannt. Auf dem Weg dorthin kam ich mehr und mehr auf Touren, in dem ich mich mehr oder weniger absichtlich an anderen Leuten warm rempelte. Ich war voller Tatendrang und ruckzuck in die dritte Reihe vorgeprescht. Die verachtenden Blick auf dem Weg dahin ignorierte ich, denn vorne, ganze vorne musste es besser sein, wenigstens da musste etwas Leben sein. Ein Trugschluss!! 98% Brustbeutelträger mit Jack-Wolfskin-Multifunktionsjacken und Trekkingsandalen! Wirkliche Metal-Fans waren kaum ausmachbar, zumindest keine wild umher wirbelnden Horden.
Wie gesagt, ich befand mich in der dritten Reihe !!!
Mittlerweile liefen "The Red and the Black" und "Tears of a Clown" (was übrigens, wer es noch nicht weiß, Robin Williams gewidmet ist).
Doch dann wollte ich mich einfach nicht mehr zurück halten den die Wahnsinns-Klänge von "The Trooper" knallten kristallklar aus den Boxen. Ich lief einfach los, wie ein Schneepflug schlug ich eine Schneise, fast jeder,den ich beiseite schob, regte sich auf oder schaute mich erschüttert an, irgend so ein Vogel versuchte sogar mir nachzutreten, normalerweise habe ich für so jemanden immer meinen Verdunklungshammer dabei, aber ich war im Trooper-Fieber, keine Zeit zum spielen!!!
Doch das Fieber hielt nicht lange ein, einige wenige versuchten ebenfalls etwas Atmosphäre in die Kiste zu bringen-
keine Chance!!!!
Das Publikum bestand einfach fast nur aus radiohörenden Alles-Verwertern und war nicht mal annähernd Maiden-würdig!>br> Gott sei dank schlug das nicht auf die Qualität des Konzertes nieder, Maiden hatten, wie eigentlich immer, einen Sahnetag und brachten noch Knaller wie "Powerslave" (allein beim Schreiben dieses Titels werde ich feucht!), "Fear of the dark", "Iron Maiden" und "Number of the beast".
Allen voran Bruce Dickinson, dem man seine krankheitsbedingte Pause absolut nicht anmerkte, er war super drauf, erzählte Witzchen und Anekdoten, und das wichtigste: er traf trotz wilder Herum-Turnerei JEDEN Ton traumwandlerisch.
Als hätte niemals ein Tumor seine Zunge geärgert!
Am Ende des Tages hatte ich wieder mal eine Lektion gelernt: große Festivals, insbesondere solche, deren Lineup durch alle Musikrichtungen reicht, sind einfach Kacke was die Leute angeht, da werden niemals mehr genügend Moshing-People zusammen kommen, deshalb gehts demnächst auch nur noch auf Hallen-Touren.
Unterm Strich: Rockavria 2016 - viel gelernt - manchmal enttäuscht - unterm Strich dennoch die beste Band der Welt erleben dürfen!