Dienstag, 10. Februar 2015

EINFACH MAL WEG ... EIN REISEBERICHT
EPISODE 2: VON ZU HAUSE BIS NIMES

Dienstag morgen sollte es los gehen. Alles, was ich nur annähernd hätte gebrauchen können, schmiss ich in die Karre. Genügend Proviant war auch am Start, und natürlich das wichtigste: mein mit Musik bis zum Bersten voll geladener iPod war bereit, bereit mir aus seinem Repertoire von 1000 Scheiben immer genau das passende zur jeweilgen Reise-Situation bereit zu stellen.
Allzu früh wollte ich natürlich nicht losfahren, denn in den nächsten Tagen sollte so wenig Zeitplanung wie nötig und so viel Spontanität als möglich auf dem Programm stehen. Eben einfach mal weg und schauen, was alles passiert. Das und meine drei "Kernziele" (Camargue-Bilbao-Gascogne) waren die gesamte Planung.
Die erste Zwischenetappe war dann aber erstmal völlig unromatisch und rein kommerzieller Natur. Da ich zunächst deutschseitig bis Basel fahren wollte und erst dort vorhatte, nach Frankreich reinzustechen, stellte das Carharrt-Outlet in Weil am Rhein natürlich einen Pflichbesuch dar. Dort noch schnell 'n paar Hosen und Jacken eingetütet, und dann ging die Luzie auch schon los.
Destination: Südfrankreich, genauer gesagt SAINTES-MARIES-DE-LA-MER, einem der südlichsten Orte der Camargue und (wie ich dann auch erfuhr) bekannter Walfahrts-Ort. Da ich erst gegen 12 Uhr in Weil loskam, nahm ich nicht an, die ganze Strecke zu schaffen, aber das war ja auch Wurscht, ich würde soweit kommen, wie ich Bock drauf hätte.
Ursprünglich wollte ich die Strecke ja hauptsächlich über mautfreie Landstrassen zurücklegen, aber mein überaus schlauer und weltgewandter Freund Holger wieß mich daraufhin, dass mich diese Route ja durch die Nordalpen führt und im Winter da durchaus mal die ein oder andere Passstrasse sozusagen witterungsbedingt "unpässlich" sein könnte. DAS wäre mir dann doch etwas zu spontan gewesen, denn eine Übernachtung im Iglu, weil meine Karre im Schnee feststeckt, hätte mein Riesefieber mit Sicherheit ziemlich runtergekühlt. Zudem natürlich die Fahrt auf Landstrassen je nach Gebiet gut und gern dreimal solange dauert, wie auf den sehr komfortablen Autobahnen.
Also war ich on the road, und die Strecke, so nüchtern und grau sich die Orte auch anhören, war schonmal ein Highlight. Herrliche Landschaften, romatische Täler, kurvenreiche Gebirgsstrassen, wilde Wälder, aber natürlich auch endlos weite Agrar-Flächen, die immer mal wieder von Schlössern, Klöstern oder alten Bunkeranlagen dekoriert wurden. Und so passierte ich Orte wie MULHOUSE, BELFORT,BESANCON, DOLE oder BOURG-EN-PRESSE. Selbst für mein altersschwaches Navi, welches sicher schon 7-8 Jahre auf dem Buckel hatte und nur noch sporadisch funktionierte, und auch nur dann, wenn es Bock drauf hatte, gab es auf den guten und wenig befahrenen Autobahnen keinerlei Probleme. Doch das sollte sich im Laufe dieser Reise noch auf dramatische Weise ändern.
Der größte Teil der Strecke war bisher perfekt befahrbar, keinerlei Probleme mit Schnee oder Eis. Aber mir war auch in keinster Weise bewusst, dass mich diese Strecke SO durch die Alpen führen würde. Und je höher ich kam, desto weißer wurde alles. Und obwohl die Strassen auch weiterhin frei waren, machten mich Ortsschilder wie "ALBERTVILLE" oder "VAL D'ISERE" schon etwas kribbelig. Schliesslich sind das bekannte Wintersport-Orte, und ich hatte permanet das Gefühl, dass gleich ein völlig orientierungsloser Abfahrtsläufer aus dem Senegal meine Strecke kreuzen würde. Doch das geschah nicht, und langsam führte die Strecke wieder bergab. Die Autobahn führte an GRENOBLE vorbei, der gößten Stadt in dieser Region. Hier erwischte mich auch schon der erste Stau. Ein Baustelle und der Feierabend-Verkehr waren die Gründe dafür. Das Navi meldete sich, dass ich die Autobahn verlassen sollte, was ich auch tat. Obwohl es schon fast dunkel und eher neblig war, entpuppte sich die Stadt entgegen der Prophezeiung meines Frankreich-Orakles Holger als durchaus ansehnlich. Ich sah natürlich nicht sehr viel, aber was hängen blieb war eine schöne Altstadt voller Pubs und Kneipen, und noch viel eindrucksvoller, die riesigen Seilbahnen, die quer über die Stadt auf das Bergmassiv hochführten, in welches die Stadt quasi hinein gebaut wurde.
Überflüssig zu erwähnen, dass mein Navi komplett überfordert war und mir kaum Alternativen anbot, wie ich aus der überfüllten Stadt wieder heraus kommen sollte. Aber ab und an gibt es ja auch noch Strassenschilder, denen man folgen kann. Ich fand wieder in die Spur und hatte bis AVIGNON bzw. NIMES freie Fahrt durch das nächtliche Frankreich.
Etwas hatte ich mich natürlich vorbereitet, schlafen wollte ich hauptsächlich in den sehr günstigen Ibis Budget Hotels, die es in Frankreich wahrlich überall gibt. Dazu hatte ich mir sogar eine sehr nützliche App gezogen, den "Ibis-Finder". Führt man diese App aus, welch Überraschung, zeigte sie einem die nächsten Hotels im Umkreis einiger Kilometer an.
Da es mittlerweile schon fast zehn war und ich ab und zu schon den Kampf mit den Augenlidern fast verloren hätte, entschied ich mich in NIMES zu übernachten. Das soll ja eine schöne Stadt sein und... ja genau ... da war doch noch was: speziell Musik-Fans werden das riesige Colloseum dort kennen, in dem Bands wie Metallica und Rammstein atemberaubende Konzerte aufnahmen. Also sollte das mein erstes Highlight der Reise werden.
Glücklicherweise hatte das Hotel eine Tiefgarage für 10 Mäuse extra die Nacht. Angesichts der dunklen Gestalten, die da so überall aus den Ecken kuckten, war mir da wohler.
Also eingecheckt, kurz den Schritt frisch gemacht und gegen elf Uhr abends noch in die Altstadt spaziert, ich erhoffte mir, dass die Arena vielleicht offen und nachts beleuchtet wäre. Beleuchtet sollte sie sein, aber nur von aussen. Glücklicherweise war die historische Altstadt gerade mal fünf Minuten weg vom Hotel. Die Gegend dort war menschenleer und die Arena war natürlich abgeriegelt, weil, welch Wunder, es selbstverständlich Eintritt kostet, das innere zu sehen. Also ein paar Fotos von aussen geschossen und wieder ins Hotel, die Matratze rief. Da ich in letzter Zeit aber sehr unregelmässig geschlafen hatte, konnte ich ewig nicht einschlafen. Dieser Zustand ist eigentlich nicht allzu schlimm, fügt man aber die Tatsache hinzu, dass ich in dem Zimmer nur SAT1 als deutschen Sender hatte, glich das fast schon einer qualvollen Gehirnwäsche. Selten soviel Müll sehen müssen, aber ich kann halt nur schlecht ohne das beruhigende Säuseln dieses Kastens einschlafen. Beim Frühstücksfernsehen gelang es mir dann wenigstens vier Stunden zu pennen. Am nächsten morgen wollte ich natürlich nochmal zu der Arena, doch was sich schon die ganze Nacht angekündigt hatte, ging morgens gerade so weiter: es schiffte in Strömen!
Auch egal, bin ja net aus Zucker, also ausgecheckt und nochmal los in die Altstadt. NIMES ist voller altertümlicher Bauten aus der Römerzeit, dessen Herzstück, die Arena, war nun endlich geöffnet. Ich staunte nicht schlecht: 11 Euro wollten die Gauner dafür. Na ja, ich drückte an der Kasse etwas auf die Tränendrüse (nass genug war ich eh schon) und sagte dem Typ hinter dem Tresen, dass ich arbeitslos sei. Ich ja irgendwie auch wahr, also zahlte ich nur 7 Euro. Der Typ an der Kasse war übrigens der Paradetyp: schnieke Uniform und nur einen Arm. Eigentlich für so einen Job gänzlich ungeignet, machte er diesen dann doch recht geschickt, als er mir mit seiner verbliebenen Hand und seiner Nase als Hilfe die verschiedenen Info-Broschüren zusammensuchte. Ob der fehlende Arm eine Kriegsverletzung war, oder ob er lediglich eine Kiste Äpfel etwas zuweit in den Häcksler geschoben hatte, werde ich wohl nie erfahren.
Aufgrund des immernoch starken Regens hatte ich die gesamte Arena quasi für mich selbst. Unglaublich, dass hier solche Groß-Events stattinden(fanden), es gibt in dem weiten Rund nur völlig glattgeschliffene Riesenstufen, keinerlei Geländer oder Wellenbrecher, der Gipfel waren die Mauern am oberen Ende. Ich will nicht wissen, wieviele Metalheads noch exzessivem Headbanging vor lauter Schwindel durch die ungesicherten Zinnen gerutscht sind und unten, 50 Meter tiefer aufklatschten. Beim deutschen Sicherheitswahn würden Konzert-Anfragen in dieser Location nur ein arrogantes Behörden-Lächeln hervorrufen und im Gedankenkeim erstickt werden.
Einen Selfie mit Selbstauslöser ließ ich mir natürlich hier nicht nehmen, obwohl ich mittlerweile klatschnass war.
Hier das Bild und zum Vergleich das Cover der Metallica-DVD (zufällig fast aus dem selben Winkel)

Eigentlich wollte ich an diesem Tag noch bis SAINTES-MARIES-DE-LA-MER fahren, da es dort aber auch regnen sollte, improvisierte ich etwas und zog mein eigentlich übernächstes Ziel vor, denn dort schien die pralle Sonne und es hatte 13 liebliche Grad. Also entlang der südfranzösischen Küste Richtung NARBONNE bzw. dem angehängten Badeort NARBONNE PLAGE.
Das wird aber erst in der nächsten Episode erzählt! Wen es interessiert ... STAY TUNED !

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