Mittwoch, 20. August 2014

FLOTSAM & JETSAM
(07.08.2014 VORTEX SIEGEN)

Wir schreiben das Jahr 1988. Ich war gerade mal zarte 14 Jahre alt und war bereits fleissiger Leser des Metal Hammer. Darin laß ich natürlich auch regelmässig über die neuen Outputs und meistens ging ich da in erster Linie nach dem Cover-Artwork. Wenn mir das gefiel, interessierte ich mich auch für die Platte. Und da fiel mir damals natürlich gleich das Werk "No Place for Disgrace" auf, die zweite Scheibe der Phoenix-Thrasher FLOTSAM & JETSAM. Ich war sofort verliebt.
Jetzt konnte man damals aber nicht gerade so los schlendern und sich das Teil kaufen. Viele Grunde sprachen dagegen. Hauptgrund war, dass es in meiner Schlagweite keinerlei Plattenläden gab, ich war natürlich noch nicht mobil und die nächste "Großstadt" war Karlsruhe und irgendwie eine andere und schier unerreichbare Welt.
Natürlich gab es damals auch noch kein Internet, wo man sich die LP hätte bestellen können und von Mailorder hatte ich zu diesem Zeitpunkt eigentlich auch noch kaum keinen Schimmer.
Der Zufall wollte es so, dass ich just zu dieser Zeit an einer Klassenfahrt nach London teilnehmen konnte. Ich kratzte dafür all meine Talers zusammen und bettelte mich noch durch die Verwandtschaft.
In London konnte ich es kaum erwarten nach dem ganzen 0815-Touri-Graus endlich etwas Freizeit zu haben. Plattenläden gab es massig, aber mich zog es zuerst in den Mächtigsten: TOWER RECORDS !!!
Allein schon der Name liess meine Hose enger werden, als ich dann aber dieses Vinyl-Mekka von innen sah, war es um mich geschehen. Praktisch alle Platten, von denen ich je gelesen hatte, standen hier rum. Ich musste mich echt zurückhalten, denn die vermeintlich "günstigen" Preise waren natürlich nur eine Sinnestäuschung, die mich aber dazu verleitete, im Nu ca. 10 Platten in den Händen zu halten, die ich allesamt eintüten wollte. Gott sei dank realisierte ich rechtzeitig, dass es sich ja hier um Pfund-Preise handelte und ich den Wert noch mal drei rechnen musste, um auf den D-Mark-Wert zu kommen.
Letztenendes nahm ich mir in diesem Laden nur die FLOTSAM-Scheibe mit, weil ich ja ein paat Tage in der Stadt war und nicht gleich am ersten Tag mein ganzes Pulver verschiessen wollte.
Ich ging zu ner Frau hinter der Theke, gab ihr 20 Pfund und wollte einfach nur zahlen. Die nette dickbusige Frau afrikanischer Abstammung sagte mir, dass hier keine Kasse sei, und dass ich weiter vorne bezahlen müsse. Den Schein steckte sie allerdings ein. Jetzt war ich Dorf-Ei endlich in der verruchten Großstadt angekommen. Aber nicht mir diesem Jungen!! Meine Stimme bekam einen weinerlich kreischenden Ton und ich bestand darauf, dass ich mein Geld sofort zurück bekam. Sie sah wohl den Ernst in meinen Augen, hier gleich einen hysterischen Weinkrampf zu bekommen. Ich bekam meine Kohle wieder, zahlte das Teil und hatte meine erste FLOTSAM-Platte. Das ist die Geschicht, wie ich zur "FLOTS-Army" kam. Das Cover der Platte gefiel mir so gut, dass ich es mir später sogar auf die Wade tätowieren liess.
Man sollte meinen, dass ich als Fan diese Band schon öfter gesehen hätte. Doch Fehlanzeige, denn es kam über die Jahre immer irgendwas dazwischen. Da selbst meine Lebenszeit begrenzt ist, und man ja bekanntlich seine Träume leben soll, fuhr ich zu diesem Konzert (mal wieder) alleine nach Siegen ins Vortex. Dort war ich schonmal alleine, und zwar bei Paul DiAnno. Egal, der Old Irons Express fährt auch nur mit dem Lok-Führer!
Der Laden war mit ca. 150 Leuten voll. Kaum zu glauben, dass FLOTSAM in so einem kleinen Club spielen(müssen). Mir ist es zwar recht, weil es nichts ehrlicheres wie ne kleine,intime Clubshow gibt, aber daran sieht man, dass die Band um Sänger Eric A.K. trotz ihrer unbestrittenen Qualität den großen Durchbruch nie geschafft hat.
Vor dem Konzert liefen die Gründungsmitglider Michael Gilbert(Gitarre) und Sänger Eric A.K. durch den Laden als seien es normale Roadies oder Zuschauer. Aber ich hatte mal wieder keine Eier, sie um ein Foto zu bitten.
Die Vorband gefiel mir gar nichtm deshalb auch kein Wort darüber. Als FLOTSAM auf die Bühne kamen, sah man sofort, wie bodenständig die Jungs sind. Die haben fast alles selbst gemacht, Amps aufgebaut, Kabel verlegt und Instrumente gestimmt.Sowas imponiert. Dann ging es los. Mein Herz schlug mir fast aus den Ohren raus.
Von Beginn an war klar, es würde legendär werden. Massig alte Songs, Hammer Sound, geniale Musiker und einen Sänger, der kein bisschen Charisma verloren hat und das, obwohl er nicht mehr jeden hohen Ton trifft. Im übrigen bin ich mir nicht mal sicher, ob er diese unmenschlich hohen Töne überhaupt jemals wirklich singen konnte. Doch Eric A.K. macht kein Hehl daraus, er kaschiert es nicht oder lässte solche Parts gar weg (wie es andere und eitlere Sänger machen).Er ist einfach ein genialer und authenischer Sänger der im Laufe des Abends Metal-Hymnen wie "HAMMERHEAD", "IRON TEARS", "HARD ON YOU", "ESCAPE FROM WITHIN", "I LIVE YOU DIE", "DOOMSDAY", "NO PLACE FOR DISGRACE" oder "SHE TOOK AN AXE" zum Besten gab. Die Jungs aus Arizona brachten mich sogar mal wieder zum Headbangen, ich genoss jeden Ton jedes Liedes. Darauf hatte ich so lange gewartet. Der Rest der Crowd moshte auch etwas herum, aber die meisten Aktivitäten der Leute beschränkten sich auf das Schütteln der Läusematten.
Aber das war okay. Die Stimmung war super und jeder Song wurde gefeiert und mitgesungen. Bemerkenswert ist, das die Band offenbar nicht nach einer festen Setlist spielten. Zumindest hatte es den Anschein, dass Erik A.K. in jeder Pause überlegte bzw. mit seinen Musiker besprach, welcher Song den jetzt passen würde. Sogar Wünsche aus dem Publikum wurden ab und an ausgeführt. Das beweisst wohl, wie unglaublich gut die Burschen eingespielt sein müssen. Aber daran sieht man eben auch, dass FLOTSAM durch und durch eine Metal-Band sind, die sich auch nie davon haben abschrecken lassen, nicht den ganz großen Wurf gemacht zu haben. Die ziehen ihr Ding durch und verzichten dabei auf sämtliche Allüren oder Macken, zumindest nach außen hin. Vollkommen high verliess ich das Vortex, ich bin so froh, die insgesamt fast 600 Kilometer gefahren zu sein. DAFÜR lebt man, das war ein kleiner Traum, den ich leben durfte, unter der Woche allein durchs Land ziehen, schöner ist es natürlich mit guten Jungs, aber so kommt man sich etwas elitärer vor :-)
in diesem Sinne

"FLOTS 'TIL DEATH"


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