Samstag, 13. Juni 2015

AC/DC
(16.05.2015 HOCKENHEIM)

Ich könnte mir zu diesem Konzert über Fandasein und Musik-Philosophie die Finger wund schreiben. Doch ich versuche mich kurz zu fassen. Zunächst staunte ich das dritte Mal (nach den SOAD und Chuck Ragan Karten) nicht wenig, als NOCHMAL Tickets für ein Konzert verschenkt wurden. Da war ich ja mal wieder die Glücks-Marie !!!
Und ich hätt sie fast nicht gefunden, weil mein Mädel mir zunächst die neue AC/DC Scheibe auf Vinyl schenkte und die Karten meisterhaft in der Folie der Verpackung eingearbeitet hatte. Da meine Glubsch-Kugeln auch nicht mehr die besten sind und die Farbenwelt im allgemeinen eh zu meinen Hauptfeinden zählt, hatte ich da halt so meine Schwierigkeiten, aber letztenendes fand ich sie natürlich und freute mich dann doch sehr. Die Formulierung "dann doch" rührt daher, dass ich eigentlich nicht mehr zu AC/DC wollte. Hauptgrund dafür war der krankheitsbedingte Rückzug von Malcolm Young, der eigentlichen Seele der Band. Dazu regen mich solche überteuerten Großevents auch nur noch auf, weil sie tonnenweise Spasties und Allesverwerter anziehen und man dank des Internet-Hypes nicht mal mehr auf normale und gechillte Weise ein Ticket kaufen kann, sondern an dem Wahnsinn des Karten-Runs mitmachen muss.
Aber wie gesagt, ich freute mich dann doch und wollte dem ganzen nochmals eine Chnace geben. Die Tatsache, dass die schottischen Australier vielleicht das letzte Mal zu sehen sein würden, spielte natürlich auch eine Rolle.
Aber ich wollte mich ja kurz fassen:
Es waren sicher 100.000 Leute auf dem Konzert und 95.000 davon werden begeistert gewesen sein und das Konzert als unvergesslich genialen Abend in ihren Poesie-Alben verewigen.
Ich denke da anders. Musikalisch war die Show klasse, keine Frage. AC/DC haben halt auch erstklassiges Material in der Schublade. Aber das Konzert war über alle Maßen steril und unpersönlich. KEINE EINZIGE Ansage von Brian Johnson, kein Smalltalk unter den Bandmitgliedern, nichts aber auch gar nichts, was diesen Abend einzigartig und nicht völlig austauschbar gemacht hätte. Hätte man einige Konzerte dieser Tour gesehen, man könnte sich keinen Ansatzpunkt herauspicken, um die Show von einer anderen zu unterscheiden.
Es wurde strikt nach Ablauf vorgegangen: Immer zwei Songs spielen, dann 30 Sekunden alle Lichter aus und Pause für die Band. In diesen Pausen herrschte fast eine bedrohliche Stille, die nur von einigen wenigen AC/DC Rufen "gestört" wurde.
Aber die Songs selbst wurden natürlich abgefeiert.Aber nicht, weil das alles Musik-Fans waren, nein, diese Leute waren hauptsächlich allesverwertende Radiohörer, die die mediengesteuerten Großevents besuchen, die ihnen vor die Haustür gesetzt werden. Ich will nicht wissen, wieviele dieser 100.000 Leute auch zu Helene Fischer, zu Pur oder zu den Onkelz gehen. Ich bin mir sogar sicher, dass der Großteil der Anwesenden wenn überhaupt nur ein zwei CDs von AC/DC im Schrank hat, und die sind wahrscheinlich auch noch gebrannt.
Das sind übrigens auch meistens DIE Menschen, die auf die Frage, welche Musik man denn gern höre, antworten:
"ICH HÖRE EIGENTLICH ALLES." ?!?!?!?!?!?!?
Dieser Satz ist gleichermaßen an Überheblichkeit, Beschränktheit und Unwissenheit kaum zu überbieten. Als würde jemand "alles" hören. Ich nenne jedem dieser Vögel spontan 10 Musikrichtungen, die er nicht mal kennt, geschweige denn hört. Was die meinen ist:" ich höre eigentlich alles, was mir im Radio vorgekotzt wird ohne auch jemals mit dem Gedanken zu spielen, mir einen eigenen und indiviuellen Musik-Geschmack zuzulegen.
Mag sein, dass dass das alles ziemlich elitär klingt und für viele Menschen Musik einfach nicht den Stellenwert hat, den sie beispielweise in meinem Leben hat. Aber gerade deswegen bin ich in der Beziehung auch sehr emotional.
Doch zurück zu AC/DC!
So lange man im Radio "Hells Bells", "Highway to hell" oder "T.N.T." hoch und runter hört und der beinahe schon lächerliche Hype um solche Konzert anhält, solange sind solche Konzerte für wirkliche Musik-Fans, die ihre Leidenschaft auf echten und lebendigen Konzerten ausleben, eigentlich der falsche Ort.
Nebenbei erwähnt sind solche Konzerte jenseits der 50-60.000 Zuschauer ohnehin völliger Humbug, denn 99% der Show sieht man über die riesigen Video-Tafeln, also könnte man sich das Ganze auch als (ganz sicher erscheinende) DVD anschauen, aber halt Moment, ich vergaß, zu Hause kann ich ja keine dämlichen und völlig sinnlosen Handy-Videos aufnehmen!!
Dazu macht wie bei Fussball-WMs, Skispringen oder Dart-Turnieren auch bei solchen Konzerten und (vor allem) Festivals diese leidige und verachtenswerte Verkarnevalisierung nicht halt. Was da für möchtegern-witzig verkleidete Gestalten herumliefen war höchst nervig. Zwar war hier das Ausmaß eines "Rock am Ring" Konzertes sicher lange nicht erreicht, aber alleine die Anzahl dieser lächerlichen Teufels-Hörnchen war schlichtweg beängstigend. Das waren ZEHNTAUSENDE !
Ob diese Dinger auch noch lustig blinken, wenn man sie ins Maul gestopft bekommt?
Das werde ich Gott sei dank nie erfahren, denn für mich hat es sich mit solchen Mega-Konzerten ein für alle Mal erledigt. Wenn überhaupt, dann nur noch für den Boss, aber seine Fans sind auch überwiegend cool.
Unterm Strich war das Konzert nicht so schlecht, wie ich mich jetzt hier wieder reingesteigert habe. Die Qualität und der Sound der Mucke sind einfach eine Bank. Aber Fakt ist auch, dass die Band mit dem Verlust von Malcolm viel an Flair und Ausstrahlung verloren hat, obwohl der immer ganz unauffällig im Hintergrund stand.

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