Montag, 6. Oktober 2014

BOLT THROWER / MORGOTH
(01.10.2014 GARAGE SAARBRÜCKEN)

Seit gefühlten 20 Jahren war ich auf keinem Death Metal Konzert mehr. Mitte der 90er, in der Blütezeit dieser Musik, waren ja im Lamm in Durmersheim beinahe jedes Wochenende irgendwelche Todesmetaller zu Gast, und ich war immer da. Ich war sozusagen Fan. Natürlich gab auch in anderen Clubs und Hallen Death-Metal Konzerte.BOLT THROWER, die Mosh-Legende aus England durfte ich zum Beispiel in einer Halle in Karlsdorf erleben und war damals schon von der Energie und der Zerstörungskraft dieser Band buchstäblich überrollt worden.
So wie ich müssen auch viele andere Leute denken, denn die gesamte Tour der Briten war in kurzer Zeit fast komplett ausverkauft. Das mag auch daran liegen, dass BOLT THROWER nicht allzu oft auf Tour kommen. Auch die Ticketpreise bewegten mit ca. 20 Euro in absolut fanfreundlichen Sphären.
Es ist auch immer wieder bemerkenswert, wie viele Subkulturen von BOLT THROWER angezogen werden, von Alt-Punks bis Skinheads, von Metalheads bis Skate-Thrasher, alles ist vertreten.
All diese Fakten liessen im Vorfeld nur einen Schluss zu: es musste legendär werden !!!
Vorband waren die wieder vereinten MORGOTH aus dem Ruhrpott. Eigentlich eine Legende des Deathmetal, die Jungs haben damals stabile Alben produziert, aber irgendwie überzeugte mich das nicht mehr.
Null Bewegung, wenig Power, kaum Druck gegen die Meute aufgebaut. Vielmehr spielten da ein paar alte Männer ihren Set herunter. Nicht dass es die nicht noch drauf hätten, aber es wirkte eher uneingespielt und eingerostet.
Aber ich war eh nur scharf auf die "Kriegsmaschine" ... die dann auch anrollte!
Sie begannen mit dem Song "War" (wie sollte es auch anders sein)und der Sturmtank rollte an.
Ich hatte mich voll glückseliger Vorfreude in der zweiten Reihe postiert und war zu allen Schandtaten bereit.
Doch es geschah nichts, nicht nur nichts, sondern sogar NICHTS !!!
Zweiter Song war "Remembrance", doch es wurde nicht wirklich besser. Es standen einige Trottel in den ersten Reihe und machten ungestört Handyvideos (früher hätten die die Überreste ihrer Handys vom Boden kratzen müssen), ein anderer Typ hielt sein vollkommen deplatzierte Freundin im Arm, die sich wegen des "Lärms" die Ohren zuhielt (früher hatte er die Überreste seiner Freundin vom ... na ihr wisst schon), kurz gesagt, es war weit und breit kein Mosh in Sicht, und mal ehrlich BOLT THROWER ohne Mosh ist als müsste das dickste Kind eine Torte bewachen, dürfte aber nix davon naschen!
Es war erbärmlich, ich verfluchte das Saarbrücker Publikum (obwohl Leute von überall am Start waren). Es konnte doch nicht schon wieder an mir liegen. Es ist sehr oft so, dass es wirklich nur an zwei drei Leuten liegt, ob ein Moshpit entsteht oder nicht. Ohne großkotzig zu wirken, ich war schon 1000 Mal diese Person, die kopflos in die Menge rannte, dabei die Arme ausbreitete und so eine Bugwelle von Körpern vor sich her schob. Wenn es dann mal am laufen war, gab es meistens genügend Tanzwillige. Gott sei dank ging dieser Kelch dieses Mal an mir vorbei, denn drei überaus stiernackige Jungs mit freiem Oberkörper und stark reduziertem Haupthaar machten sie einer Dampflok gleich auf den Weg ins Herz der Meute. Diese Männer, Gott segne sie dafür, wirbelten im Nu einen kleinen aber respektablen Pit aus dem Ärmel, und da schloss ich mich doch gleich an. Schnell wuchs das Ding richtig an und beim dritten Song ("Mercenary") war dann meine Welt wieder in Ordnung.
Oh meine Freunde, ich gab wahrlich alles, was in mir steckte, ich teilte aus, ich steckte ein, mein Kutte war schnell getränkt von einem Mix aus Schweiss, Bier und dem Blut zahlloser tapferer Männer. Es war hart, aber auch immer fair. Nur einer ziemlich angetrunkener Moshpit-Besucher bekam mehrmals das volle Brett zwischen die Augen, immer wieder wurde ihm aufgeholfen, aber auch nur deswegen, um ihn danach wieder aufklatschen zu sehen. Man munkelt, dass dieses "Auf und Ab" damit zu tun hatte, dass dieser clevere Bursche ein Onkelz-Shirt trug !? Anscheinend kam das bei einigen Leuten dann doch nicht sooo gut an. Und da man bei der Lautstärke eben nicht wirklich diskutieren kann, wurden die Argumente dann halt anders ausgetauscht. Aber keine Panik, wirklich was abbekommen hat der Typ nicht, er machte halt nur einen mehrteiligen Spaziergang durch den Watschenwald.
Im übrigen war für mich dann auch Schicht. Beim achten Song ("This time its war") bekam auch ich meine Portion auf den Lügenbeutel. Von hinten gecheckt knallte ich mit der Oberlippe auf die Schulter meines Vordermannes. Ein Glück blieb die Kauleiste verschont, aber schnell schwoll meine Lippe an, als hätte ich Familienpackung Botox reingejagt. Den Rest dieses musikalischen Ergusses gab ich mir dann in den hinteren Reihe und beglückte meine Mitstreiter damit, dass ich mittlerweile roch wie ein nasser Hund.
BOLT THROWER spielten ihren Set grandios herunter, es gab keine Überraschungen, aber auch keinerlei Schwächephasen. Die Englander um Sänger Karl Willets haben aber auch ein Händchen für gute Songs. Sie schaffen es immer wieder aufs neue, in ihre Musik neben dem Kriegsmachinen-Stil auch eine gewisse Mystik in die Lieder einzubauen. Und genau diese Paarung macht die Band aus!
Wer sie nicht kennt muss sich ein BOLT THROWER Konzert ungefähr so vorstellen: Man sitzt in einem düsteren und stickigen Bunker unter der Erde, man hat furchtbare Angst, das Herz rast, man bekommt kaum noch Luft, über einem hört man, wie eine alles zermalmende Armee mit all ihrer Kriegsmaschinerie über einen hinweg rollt, und wäre das nicht schon Genug, wird das ganze Gebiet noch von einem Bombenteppich eingedeckt, dem auch noch die letzten Überreste der menschlichen Zivilisation zum Opfer fallen.
Hört sich doch das gemütlich an, oder? Dicke Grüsse gehen raus an die O.I.S. Jungs Larso und Tschenz, an die D-Posse, an Jürgen, Semira, den Sänger von Disgrace, dessen Namen ich vergessen hab und natürlich an Musikpapst Chris, der sich dieses Schmankerl auch nicht entgehen lassen wollte.

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